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der Deutschen Gesellschaft für Heereskunde e.V.
 
 
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Tremonius

(Mitglied)

Hallo,

eines der ältesten Fotos unter meinen Familienschätzen zeigt meinen Ururgroßvater Johann August Rauh (1829-1902), Schmiedemeister aus Kulkau Krs. Meseritz. Durch mündliche Überlieferung meines Großvaters weiß ich, das Johann August Rauh seinen Militärdienst bei den "Schwarzen Leibhusaren" in Winzig ableistete. Durch Internet-Recherchen bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass es sich um das 2. Leib-Husaren-Regiment „Königin Viktoria von Preußen“ Nr. 2 gehandelt haben muss, für das Winzig Krs. Wohlau eine der zeitweiligen Garnisonsstädte war. Er war dort Stabstrompeter.

Der Militärdienst meines Vorfahren muss jedenfalls in der ersten Hälfte der 1850er Jahre stattgefunden haben. Zum einen hatte er als Angehöriger des Jahrgangs 1829 das richtige Alter, zum anderen hat er 1856 geheiratet, was üblicherweise erst nach dem Militärdienst möglich war. 1866 war er Kriegsteilnehmer, u.a. bei der Schlacht von Königgrätz.

Ich wüsste nun gern, ob man eventuell an den Uniformen meines Fotos, das meinen Ururgroßvater ganz links zeigt, erkennen kann, ob es möglicherweise schon während der aktiven Dienstzeit oder erst während des Feldzuges von 1866 entstanden ist.

Vielen Dank und viele Grüße
Fritz


"The past is never dead. It's not even past." -- William Faulkner (1897-1962)
07.04.15, 01:54:22

Zietenhusar

(Administrator)

Hallo Fritz, willkommen im Forum.

Leibhusaren hatten zusätzlich zur Mützenkorkade einen Totenkopf, welche auf dem unscharfen Foto nicht erkennbar sind. Beide Leibhusaren-Regimenter waren in Danzig/Langfuhr garnisoniert, also in Pommern. Winzig im Kreis Wohlau befindet sich dagegen in Niederschlesien, so dass ein Zusammenhang mit den Leibhusaren eher ausgeschlossen werden kann.

Wenn der Regimentsstandort rechts der Oder gewesen sein soll, kommen ebenfalls in Frage:
- Husaren-Regiment "von Schill" N° 4 (1. Schlesisches) Standort Ohlau (Schlesien)
- Husaren-Regiment "Fürst Blücher von Wahlstatt" N° 5 (Pommersches) Standort Stolp (Pommern)

Der Herr ganz links ist übrigens Militärmusiker (Trompeter). Der vermutete Zeitpunkt der Aufnahme ist wohlmöglich korrekt, denn die Husaren tragen noch den Kavalleriesäbel M 1811, also den so genannten "Blüchersäbel". Ab 1852 wurde dann der Kavalleriesäbel M52 schrittweise eingeführt und 1857 vollständig abgeschlossen.

Gruß,
Thomas

07.04.15, 18:23:11

Tremonius

(Mitglied)

Hallo Thomas,

herzlichen Dank für Deine Antwort! Ich glaube, dass Du bezüglich der Garnisonsorte irrst. Das Leibhusaren-Regiment Nr. 2 war erst ab 1901 in Danzig/Langfuhr stationiert, jedoch von 1818 bis mindestens 1852 in Herrnstadt, Guhrau, Wohlau und Winzig - Quelle: http://wiki-de.genealogy.net/HR_2. Wenn wirklich 1852 Schluss in Winzig war, muss die aktive Zeit meines Ururgroßvaters davor liegen.

Leider kann auch ich nicht erkennen, ob der helle Fleck auf den Mützen der Totenkopf ist. "Schwarze Leibhusaren" und "Winzig" sind jedenfalls Familienüberlieferung, für die das Foto keinen Anlass zum Zweifel bietet. Auch, dass mein Vorfahre Stabstrompeter war, ist bekannt und durch das Foto wohl belegt - danke für den Hinweis.

Neu für mich ist die Identifizierung der Säbel. Nach Deiner Datierung der Einführung des Säbels M52 könnte die Aufnahme allerdings wohl auch noch 1866 entstanden sein. Womöglich wird die Aufnahme selbst eine genauere Datierung nicht hergeben - es sei denn, jemand hat Erkenntnisse darüber, ab wann derartige Aufnahmen in der preußischen Armee erstmals auftauchten.

Nochmals herzlichen Dank,
Fritz


"The past is never dead. It's not even past." -- William Faulkner (1897-1962)
07.04.15, 21:34:52

Zietenhusar

(Administrator)

Hallo Fritz,

vielen Dank für die Richtigstellung, bzw. vollständige Angabe, der Garnisonsstandorte.

Die Chronologie des Säbelmodells deutet eher auf einen Aufnahmezeitpunkt vom Foto vor dem Jahr 1857 hin. Ich hatte in meinem Vorbeitrag einen inzwischen abgeänderten Zahlendreher drin, denn das angegebene Jahr des Abschlusses der Säbeleinführung wurde von mir versehentlich mit 1875 angegeben und muss korrekt 1857 heißen.
Allerdings wurden bei nachfolgenden Kriegseinsätzen auch wieder ausgemusterte Waffenmodelle verteilt, so dass auch ein späterer Aufnahmezeitpunkt möglich sein könnte. Hier hilft eventuell das Studium der Regimentsgeschichte, in der Hoffnung, dass in so einer entsprechende Angaben zur Bewaffnung gemacht wurden.
Schlecht zu erkennen die Waffe des ranghöheren, sitzenden, Herrn.

Die überlieferten Fakten aus der Familie haben natürlich Priorität.

Gruß,
Thomas

07.04.15, 23:07:00

R.S.

(Supermoderator)

Die Husaren tragen den Kavallerie-Säbel a/A, der vorne links als einziger auf einem Stuhl sitzende Wachtmeister (?) vermutlich einen Kavallerie-Offizier-Säbel M/1852. Vom Alter her wirken die Husaren nicht gerade mehr wie von einem aktiven Kavallerie-Regiment, sondern eher wie Landwehr-Husaren. Hierzu würde auch die unterschiedliche Bewaffnung passen.

An der Schlacht von Königgrätz nahm das preußische 2. Landwehr-Husaren-Regiment teil. Dieses korrespondierte wiederum mit dem 2. Leib-Husaren-Regiment.

Somit könnte durchaus Ihre Familienüberlieferung mit Winzig als Standort während der aktiven Dienstzeit passen. 1866 erfolgte dann eine Verwendung als Wehrreiter (?) in einem Landwehr-Husaren-Regiment.

Mit freundlichem Gruß

R.S.

13.04.15, 08:17:01

Tremonius

(Mitglied)

Vielen Dank für die Ergänzung! Über den Ort des Fotos ist nichts bekannt. Die Örtlichkeit Winzig bezog sich auf die aktive Dienstzeit; insofern passt alles.

Sehr aufschlussreich ist die an sich naheliegende Anmerkung zum mutmaßlichen Alter der Herren. Mein Ururgroßvater, Jahrgang 1829, scheint auf dem Bild tatsächlich eher 37 Jahre alt zu sein als 20 oder 21. Ähnliches gilt für die Kameraden. Vielen Dank für den Tipp, an dem am ärgerlichsten ist, dass man nicht selbst darauf gekommen ist! lachen

Gab es seinerzeit eigentlich ein Lebensalter, ab dem der Landwehrmann nicht mehr mobilisiert wurde? Am Krieg 1870/71 hat mein Vorfahre nämlich nicht mehr teilgenommen. Er war damals 41/42 Jahre alt.

Mit Dank und Gruß
Fritz


"The past is never dead. It's not even past." -- William Faulkner (1897-1962)
13.04.15, 09:26:37

R.S.

(Supermoderator)

Die Dienstzeit wurde bei der Heeresreform 1859 und 1860 verändert. Näheres dazu bei den beigefügten Scans.

13.04.15, 14:05:56

Tremonius

(Mitglied)

Danke, das erklärt alles!


"The past is never dead. It's not even past." -- William Faulkner (1897-1962)
13.04.15, 16:19:47
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